Was ich auf Grund historischer Kenntnisse, diverser Indizien und (vielleicht) eines gesunden politischen Instinkts schon lange vertreten habe, ist nun für mich nicht nur überzeugend, sondern schauderhaft eindeutig belegt:
Politik und commerzmedialer Mainstream haben nach Nahost und dem Balkan (neben vielen anderen Beispielen) und vor Libyen auch die Geschichte des östlichen Zentral-Afrika umgeschrieben, und dies in einer Weise, die „1984“ in den Schatten stellt! Wie sehr hat man sich in der Darstellung „Afrikanischer Barbarei“ gesuhlt, in Deutschland sich gar noch heimlich durch „Afrikanische Endlösungen“ entlastet gefühlt, als man umfänglich die (sicher) zahllosen Tutsi-Opfer des Ruandischen Bürgerkrieges durch die medialen Straßen schleifte!
Die „Juden Afrikas“
hat man die ostafrikanischen Rindernomaden, die vor Jahrhunderten in die Seenregion Ostafrikas einwanderten und dort eine Reihe von Reichen übernahmen, genannt. Und es passte famos, so, wie man den selbsternannten „Sachwaltern“ des Erbes von sechs Millionen durch Deutschland ermordeter europäischer Juden in der israelischen Politik einen Blankoscheck zur Unterjochung der Palästinenser und der Terrorisierung der Nachbarstaaten ausgestellt hat, so konnte man auch den vermeindlichen „Beschützern“ der Tutsi, dem Regime von Kagame und seiner RPF einen Blankoscheck zum Massakrieren von großen Teilen der Hutu-Mehrheit und der Menschen im Ost-Kongo ausstellen. Wer hätte nach diesem Vergleich noch gewagt, was dagegen zu sagen?!
Eine unglaubliche Geschichtsklitterung und Verharmlosung der Nazi-Verbrechen!
nun ist schon der Vergleich als solcher eine irrwitzige Infamie, denn die rindernomadischen Tutsi, wie viele Hirtennomaden, durch Auseinandersetzungen um Weidegründe, Wasserstellen etc. kriegserprobt, haben eben eine Reihe von Reichen übernommen bzw. gegründet, dabei zwar die Sprache der Unterworfenen angenommen, aber auch recht rüde Feudal-Systeme geschaffen (so, wie wir es aus der Nach-Völkerwanderungszeit in Europa kennen). Der deutsche Kolonialismus, der dann nicht nur das damalige Tanganjika, sondern auch Ruanda und Burundi eroberte, fand Unterdrückung von Schwarzen durch Schwarze „toll“ und um nicht aus dem rassistischen Hackordnungs-Konzept zu kommen, wurde Wert auf „rassische Differenzierung“ gelegt. Die durchschnittlich größeren und scharfgesichtigeren ostafrikastämmigen Tutsi wurden sozusagen rassistisch als „Herren“ oder besser „Sub-Herren“ legitimiert! Das haben sich auch einige aus dem alten Tutsi-Adel in der Folge zu Eigen gemacht. Sie haben sich weiter als die „natürlichen Herrn“ der Hutu-Mehrheit begriffen.
Da rollen sich aber einem historisch bewussten Menschen beim Vergleich der Situation von Juden in Europa und den Tutsis die „Zehennägel auf“, wenn man sich in Erinnerung ruft, welche jahrhundertlange Odyssee der Entrechtung, Beraubung, Verfolgung und Ermordung die Juden Europas hinter sich haben, nur von ihren Nazi-Mördern zu „heimlichen Herren Europas“ erklärt, sozusagen als geschichtsklitternde „Dornenkrone“ auf die gepeinigten Häupter gedrückt!
Bemerkenswert
Nun kann man im Zusammenhang mit den westlichen Untaten der übrigen Welt gegenüber (gerade in Afrika) der „Einzigartigkeitsthese“ im Zusammenhang mit der Ermordung von sechs Millionen Europäischer Juden skeptisch gegenüberstehen, wie das z. B. Norman Finkelstein tut. Und dazu hat er einigen Grund, wenn man bedenkt, dass allein der Leopoldsche „Privat-Kolonialismus“ im Kongo acht bis zehn Millionen Kongolesen das Leben gekostet haben mag (Adam Hochschild, “Schatten über dem Kongo“, Rheinbeck bei Hamburg, 2002, Orginaltitel: „King Leopold´s Ghost“, http://www.perlentaucher.de/buch/643.html). Wie dem auch immer sei, kein ernsthafter Mensch kann den „industriellen Charakter“ des Nazistischen Vernichtunswahns bestreiten und an dieser Stelle steht die „Einzigartigkeit“ zu Recht unangefochten da. Um so erstaunlicher, dass nun gerade der mediale Mainstream auch bezogen auf die Einzigartigkeit der Systematik willig die Parallele zwischen den Ruandischen Geschehnissen und dem Holocaust zu ziehen bereit war, und in das Horn stieß, die Hutus zu „tropischen Nazis“ umzustilisieren und von „Nazisme Tropical“ (Jean-Pierre Chrètien in Libération am 26. April 1994) zu sprechen. dazu wurde in großem Maßstab ein durchgängiges Völkermordkonzept seitens der Hutu konstruiert. Dass ein unterschwelliger Rassismus dabei die in der europäischen „Denke“ lauernde „Höherwertigkeit“ der „edlen Tutsi“ aufgegriffen haben mag, wäre eine Parallele zu geschichtlichen Umdeutungsversuchen des Faschismus als „Unterschicht-Phänomen“ von Sozialneid und Unterschicht-Dumpfheit, zu Gunsten der den Faschismus benutzenden „arischen“ Kapitalisten.
Schluss mit den Lügen!
Diesem bisher so „erfolgreichen“ Umdrehen von Unterdrückten und Unterdrückern, teilweise von Tätern und Opfern (wobei niemand ernsthaft die Opfer unter dem Tutsi-Bevölkerungsteil wegwischen kann), stellt sich nun eindrucksvoll Helmut Strizek mit seinem Buch „Clinton am Kivu-See“ (Verlag Peter Lang GmbH, Franfurt /M 2011, ISBN 978-3-631-60563-9, http://www.buchhandel.de/detailansicht.aspx?isbn=9783631605639) entgegen. Wer sein gründlich recherchiertes und gut dokumentiertes Buch aufmerksam liest – zugegebenermaßen keine einfache Lektüre, aber zu teuer, um es nur zu überfliegen – wird nicht umhin kommen, die Wahrheit zu erkennen.
Die intensiven Versuche von Teilen der Tutsi-Oligarchie in Ruanda, Burundi und Uganda seit der Dekolonisierung, die gesellschaftliche Macht teils sehr brutal wieder an sich zu reißen, hat die gesellschaftlichen Spannungen extrem verschärft. Dabei hat es immer wieder zahlreiche Opfer auf beiden Seiten gegeben, wobei wohl schon die Zahl der Hutu-Opfer in der Vorgeschichte die größere war.
Die von der alten Tutsi-Oligarchie komplett dominierte RPF (Ruandische Patriotische Front) schickte sich unter der Führung von Paul Kagame und unterstützt von Yoweri Kaguta Museveni aus Uganda an, die Tutsi-Herrschaft in Ruanda militärisch wiederherzustellen und fegte alle Kompromisbereitschaft seitens der unter Juvénal Habyarimana gebildeten Übergangsregierung weg. Ein erster Anlauf misslang. Aber die USA, die sich in Somalia eine recht blutige Nase geholt hatten, machten sich die bewaffneten Putschisten zunutze. Das Imperium wurde sich des politisch-militärischen Potentials dieser Truppe zunehmend bewusst und schaltete sich ein.
Die „Enthauptung“ zweier Staaten
Dann kam es am 6. April 1994 zu einem perfiden Attentat: die zwei Staatschefs Habyarimana und Cyprien Ntaryamira (Burundi) wurden zusammen mit vielen anderen hochrangigen Funktionsträgern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Wissen und Billigung (und wohl Zutun) nicht nur von Museveni, sondern der USA abgeschossen. Der Angriffkrieg der RPF kostete nicht nur von vornherein vielen Hutus das Leben, sondern nahm bewusst die einsetzenden panikartigen Ausschreitungen an Tutsis in Kauf. Es gibt sogar Anzeichen dafür, dass Kagames RPF die Ausschreitungen gezielt anheizte, um ihren Machtanspruch vor der Welt umso nötiger erscheinen zu lassen.
Die schon durch Fluchtelend und Lagerpein aufgepeitschten Hutu haben sicher oft unmenschlich gehandelt, wenn sie jemanden in die Finger bekamen, den sie der Beziehung zu den Angreifern verdächtigten. Aber man stelle sich einmal vor, in Südafrika würde sich eine gut bewaffnete Truppe von Apartheidsfaschisten anschicken, die Macht zurückzuerobern, und würde dabei auf breitere weiße Unterstützung treffen, der panische schwarze Volkszorn würde kaum noch zwischen beteiligten und unbeteiligten Weißen unterscheiden können!
Aber es ist wohl nicht so, dass die Mehrheit der Opfer Tutsi gewesen wären, so furchtbar viele, wie es waren. Es gibt gute Gründe zu vermuten, dass die Opfer-Relation etwa 280.000 Tutsi-Opfer zu 750.000 Hutu-Opfern betrug (Strizek 2011, S. 148). Dabei ist natürlich die Einteilung eine recht künstliche, da es nicht wenige Menschen mit Abstammung aus beiden Gruppen gab, aber die Zugehörigkeit „patrilinear“ bestimmt wird. Da hatte die RPF einen „wunderbaren“ Trick: erstens wurden gerne tote Hutu als Tutsi gezählt, und wo das nicht möglich war, waren sie eben gemäßigte Hutu, die von „Hutu-Extremisten“ getötet worden waren, sozusagen „Tutsi-ehrenhalber“.
Der Völkermord an den Hutu ging weiter
Nun hatte das Morden nach der Machtübernahme der RPF keineswegs ein Ende. Viele Hunderttausende von Hutus, die in den Osten des damaligen Zaire (ehemals „Belgisch-Kongo“, nach Mobutu „Demokratische Republik Kongo“). geflüchtet waren, wurden von der RPF als Bedrohung empfunden, zumal die „Weltöffentlichkeit“ nach Rückführung der Flüchtlinge verlangte. Aber mit dem Blanko-Scheck von Kagames Ruanda, ein „zweites Israel“ zu sein, fiel es nicht schwer, nun zusammen mit Uganda den Kongo massiv kriegerisch zu tyrannisieren. Das komplexe und verwirrende Geschehen kann hier in der Kürze nicht dargestellt werden, aber es fielen nicht nur hunderttausende Hutu den mörderischen Maßnahmen Ruandas zum Opfer, sondern der Ostkongo geriet zum Nutzen westlicher Konzerne mit seinen ungeheuren Rofstoffen, allen voran dem begehrten Erz Coltan, weitgehend unter ruandische Kontrolle. dabei wurde von US-Seite auch erwogen, den Osten Kongos abzuspalten und Kagame sozusagen gänzlich auszuliefern. Das sich Ugandas Muzeweni und Ruandas Kagame dabei zunehmend über die Beute entzweiten, ist eine zusätzliche „Pikanterie“.
Jedenfalls ist die durch die US-gestützte und inspirierte Destabilisierung und teilweise Besetzung des Ostkongo in drei ausgedehnten „Kongo-Kriegen“ für Millionen von Toten, ungezählige Vergewaltigungen und das Massenelend der unter Warlords sich abplackenden Slavenarbeiter für das Coltan der westlichen Handys verantwortlich. Die Kapitaleigner reiben sich die Hände!
„Von 1998 bis 2004 kamen gemäß Angaben des International Rescue Committee 3,9 Millionen Menschen im Kongo ums Leben, die Mehrzahl allerdings aufgrund von Krankheit und mangelnder Versorgung mit Lebensmitteln. Nirgendwo sonst starben seit dem Zweiten Weltkrieg so viele Menschen in einem so kurzen Zeitraum“.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Geschichte_der_Demokratischen_Republik_Kongo#Belgisch-Kongo)
Strizek ringt sehr ehrlich um eine Deutung der westlichen Motive, insbesondere der der US-Politik. So ist sein Schluss sicher richtig, dass auch das Ziel, den Sudan als „Gefährder“ des US-Satrapen Mubarak und ihrer Nahostinteressen zu destabilisieren und einen „Regime-Change“ zu erreichen, eine gewichtige Rolle spielte, sicher nicht falsch. Ich denke aber, man kann die Triebkräfte letztlich nur auf Grundlage einer umfassenden gesellschaftlichen Analyse der wirklichen Macht in den USA begreifen, hier wiese ich auf meine Darstellung in https://wipokuli.wordpress.com/2011/04/24/allmacht-usa-und-kein-ende-1-folge/ hin. Die US-Regierungen werden wahrscheinlich manchmal erst im Laufe der Entwicklung von der „wahren Macht“ hinter ihnen auf „den richtigen Weg gebracht“. dafür bedarf es oft bestimmter tatkräftiger Personen, die wissen, wo das Imperium „hin muss“. Als eine solche Figur tritt für mich in diesem Buch immer wieder Madeleine Albright hervor, die ja auch den kadavergrünen Josef Fischer immer wieder effektiv „ans Händchen“ nahm!
Helmut Strizek, der 1942 geboren ist, und dessen lange Erfahrung durch eine Tätigkeit für eine EU-Delegation in Kigali eingeleitet wurde, ist ein gutes Beispiel dafür, wie sehr Menschen, die sich nicht mehr um ihre Karriere Gedanken machen müssen, klare Bilder malen können. Wer über das „Imperium“ und seine Methoden, über die Doppelmoral und die Methoden der Desinformation, aber auch schlicht über die Bereitschaft des Imperiums, viele Hunderttausende Menschenleben zu „opfern“ mehr erfahren will, aber auch, wer mehr über afrikanische Zeitgeschichte wissen will, sollte dieses Buch lesen, „it´s a must!“.
Andreas Schlüter
Weitere wichtige Links:
http://rwandarwabanyarwanda.over-blog.com/article-the-truth-about-what-happens-in-rwanda—by-christopher-black-51605641.html
http://www.taylor-report.com/Ruanda_1994/index.php?id=intro