Mit ‘Menschenrechts-Imperialismus’ getaggte Beiträge

Wieder kommt man aus dem Staunen nicht heraus: der in „transatlantischen Netzwerken“ politisch sozialisierte adlige Plagiator Baron zu Guttenberg meldet sich nach noch nicht einmal durchgehaltenem Trauerjahr nicht nur großspurig in Hallifax zu Worte. Er scheut sich nicht, in einem lächerlichen Interview-Buch seine Verfehlungen zu bagatellisieren, ja, die durch ihn nicht wenig Geschädigten, nämlich seine Universität und seine Partei, frech anzuklagen, nein, er lässt sich sogar als „Berater“ von der dubiosen holländischen EU-Kommissarin für „Informationsgesellschaft und Medien“, Neelie Kroes, anwerben.

Freiheit, die er meint

Und wobei soll er beraten? Er ist Berater für die Unterstützung von „politischen Aktivisten in Ländern mit Unterdrücker-Regimen bei der Internetnutzung“! Na, da ist der politische Amerika-Zögling natürlich bestens qualifiziert! Dabei kann er auf eine lange Tradition des Kampfes der US-Macht für Freiheit zurückgreifen: Freiheit für westliches Kapital durch die Ermordung Lumumbas im Kongo, Freiheit für die Vietnamesen durch Napalm, Freiheit für uniformierte Mörder in Pinochets Chile, Freiheit für die Menschen Osteuropas vom Volkseigentum, Freiheit für Al Kaida in Libyen durch noch mehr Bomben, um nur eine kleine Zahl der „Freiheitskämpfe“ der US-amerikanischen Regierungen als Handlanger entfesselten US-Kapitals zu nennen.

transatlantische Wühlmaus

Hier hört der Spaß nun wirklich auf

Da der Mann sich und uns relativ schnell durch seine „akademischen Großtaten“ von allzu großer Schädlichkeit in deutschen Regierungsämtern bewahrt hat, worüber selbst die Kanzlerin froh gewesen zu sein scheint (http://tinyurl.com/7utemyp), war er bis jetzt eher eine mediale Gaudi zur Beleuchtung der akademischen Feinsinnigkeit und Moral der adligen Oberklasse. Aber nun wird er ein Symbol der Doppelzüngigkeit der „Freiheitsreden“ und des eisernen Willens, die europäische Außenpolitik weiter als Hilfstruppe der Politik des Imperiums (USA) auszubauen. Er wird so eine Art Internet-Sektion von „Radio Liberty“ aufbauen. Er soll helfen, den „Menschenrechts-Imperialismus“ weiterzuentwickeln, denn hier geht es ja nicht um ungehinderte „Kopier-Freiheit“ im Netz und erst recht nicht um wirkliche Freiheit von Unterdrückung und Ausbeutung, sondern darum, die imperiale Politik der „Entstaatlichung“ von weiteren Teilen der Welt voranzutreiben, damit sich per „Schock-Strategie“ der ungebremste Katastrophen-Kapitalismus noch mehr ausbreiten kann.

Da könnte man nur froh sein, wenn genügend Menschen die Zusammenhänge klar genug sehen würden, um die Entlarvung der westlichen „Freiheitsliebe“ durch eben diese politische Figur umfänglich zu verstehen. Aber, es ist zu befürchten, dass die Vernebelung der meisten Köpfe sicherstellt, dass auch diese Entwicklung nur als eine verunglückte „Personality Show“ wahrgenommen werden wird.

Andreas Schlüter

Links:

Zu Neelie Kroes: http://de.wikipedia.org/wiki/Neelie_Kroes

Heise online: http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bruessel-will-mit-zu-Guttenberg-die-Internetfreiheit-staerken-1393860.html

The Intelligence: http://www.theintelligence.de/index.php/politik/kommentare/3710-kt-zu-guttenberg-neelie-kroes-die-eu-bilderberg-und-die-freiheit.html

TAZ: http://www.taz.de/!83587/

t-online: http://nachrichten.t-online.de/guttenberg-auftritt-sorgt-fuer-spott-den-bock-zum-gaertner-gemacht-/id_52322862/index

Stern: http://www.stern.de/politik/ausland/zu-guttenberg-als-berater-der-eu-freiheitskaempfer-auf-europas-schultern-1761787.html

Spiegel: http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,803190,00.html

Eigene jüngste Beiträge:

https://wipokuli.wordpress.com/2011/11/25/zu-guttenbergs-angedrohte-ruckkehr-die-verhohnung-der-anstandigen/

https://wipokuli.wordpress.com/2011/11/29/attacke-des-baron-zu-guttenbergs-ruckflug/

Am Montag, dem 29. August dieses Jahres, fand im Berliner Stadtteil Kreuzberg-Friedrichshain die feierliche Enthüllung der Gedenktafel an May Ayim, die ghanaisch-deutsche Wissenschaftlerin, Autorin, Aktivistin und Mitbegründerin der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland, statt. Die Gedenktafel steht am May-Ayim-Ufer. Das vormalige „Gröbenufer“ (nach einem deutschen Kolonialisten und Sklavenhändler benannt) wurde nach zähem Ringen am 27. Mai 2009 in May-Ayim-Ufer umbenannt.

Umrahmt von musikalischen Darbietungen sprachen Elvira Pichler, Vorsitzende Kulturausschuss der BVV Friedrichshain-Kreuzberg, Joshua Kwesi Aikins, Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, und ManuEla Ritz, Antirassismus-Trainerin und Autorin, die sich dem Werk und der Person May Ayims widmete. Kwesi Aikins thematisierte in seiner eindringlichen Rede sehr wohl den Terminus „Postkolonial“, der auch der Name einer Initiative ist, die sich auch der Umbenennung von Straßen, die den Kolonialismus und seine Protagonisten verherrlichen, widmet. Er machte sehr wohl klar, dass dieser Terminus nur als Bezeichnung für ein Denken tauglich sei, das über den Kolonialismus hinausweist, aber nicht als Feststellung, der Kolonialismus sei beendet, miss zu verstehen sei. Das war eine wichtige wie nötige Klarstellung.

Was bleibt hinzuzufügen?

Während der Veranstaltung und auch jetzt ist der jüngste Kolonialkrieg, den der Westen führt, noch nicht beendet, es fiel aber auf der Veranstaltung kein einziges Wort dazu! Seit dem Frühjahr führt der Westen Krieg in Libyen, eingeleitet durch die von der UN autorisierten „Flugverbotszone“, die den vorgeblichen Zweck hatte, „die Bevölkerung“ vor den nicht bewiesenen Luftangriffen durch die libysche Luftwaffe zu „schützen“. Gern wurde dabei so getan, als wäre die „Erhebung“ in Libyen eine Fortsetzung der zivilgesellschaftlichen Erhebung in Tunesien und Ägypten. Man brauchte allerdings nur genau hinzuschauen, um zu bemerken, dass zivilgesellschaftliche Erhebungen dort nicht durch Überfälle auf Polizeistationen und frühzeitige Bewaffnung der Protestanten begannen. Der vom Westen geführte Krieg entfernte sich auch schnell vom „Schutz der Bevölkerung“ durch eine Flugverbotszone zu hemmungslosem Bomben für den „Regime Change“. Offenbar haben die Kämpfe bisher zehntausende von Libyern das Leben gekostet. Ob der Krieg wirklich kurz vor seinem Ende steht, bleibt abzuwarten. Hatte nicht ein US-Präsident vor Jahren zum Irak getönt: „Mission accomplished“?

Einer der Schlimmsten?

Pikant dabei ist, dass noch am Jahresbeginn ein Bericht der UN Menschenrechtskommission zu einem eigentlich überraschend recht milden Urteil über Libyens Regierung und das Land kam:

 http://www2.ohchr.org/english/bodies/hrcouncil/docs/16session/A-HRC-16-15.pdf

 Gemäß dem „Human Development Index“ der UN, in dem Lebenserwartung, Alphabetisierung, Erziehungswesen und Lebensstandard die entscheidende Rolle spielen, stand Libyen in Afrika an erster Stelle:

http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_Human_Development_Index

Ohne Gaddafi-Fan zu sein und der Tatsache bewusst, dass Gaddafi kein „lupenreiner Demokrat“ ist, sondern phasenweise brutal gegen politische Gegner vorgegangen ist, wie auch 1971 bei der Erhebung im Sudan und bei der jahrelangen Besetzung eines 200 km breiten nördlichen Streifens des Tschad keineswegs ein „lupenreiner Antiimperialist“ war, kann man diese Tatsachen nicht übersehen. In den letzten Jahren hat er trotz erheblichen „Schmusekurses“ mit dem Westen dennoch intensive Bemühungen zur ökonomischen Verselbstständigung Afrikas beigetragen.

Nicht nur hat Libyen über die Hälfte des AU-Budgets getragen, sondern es wurden Milliarden aufgewandt, um z. B. auch eine unabhängige Afrikanische Finanzwirtschaft aufzubauen:

http://www.nzz.ch/nachrichten/wirtschaft/aktuell/libyens_engagements_in_afrika_sind_in_gefahr_1.9860054.html

Neben der Tatsache, dass „unser Öl unter ihrem Sand liegt“, war für den Westen wohl auch gerade dieses Gaddafis „Verbrechen“.

Eine besonders schmerzliche Ergänzung

Die eben angeführten Tatsachen belegen schon eine beachtliche Bedeutung des Vorganges für das sub-saharische Afrika, das auch mit dem westlichen Eingreifen in der Elfenbeinküste erst kürzlich wieder sehr direkt „angefasst“ wurde. Nun ist aber gerade aus der Perspektive des Kampfes gegen den „anti-schwarzen“ Rassismus das Geschehen in Libyen besonders aufwühlend. Keine Frage, Gaddafis Regierung hat bei der Jagd auf Menschen, die dem imperialen Elend im Afrika südlich der Sahara nach Europa zu kommen trachteten, auch unrühmliche Rolle gespielt. Was aber jetzt auf Seiten der durch den Westen bewaffneten und unterstützten Rebellen gegen schwarze Menschen in Libyen geschieht, kann keineswegs unbemerkt bleiben. Schwarze Menschen stehen bei den Rebellen in Libyen unter dem Generalverdacht, Söldner Gaddafis zu sein und sind regelrechten Menschenjagden ausgesetzt. Daran konnte noch nicht einmal mehr der US-Sender CNN vorbeisehen: http://edition.cnn.com/video/#/video/world/2011/08/30/prism.libya.africans.cnn.

In gewisser Hinsicht problematische Bündnispartner

Keine Frage, bei dem allzu berechtigten Ansinnen, von kolonialer Vergangenheit geprägte Straßennamen zu entfernen, wie generell bei dem Anliegen, in dieser Gesellschaft Rassismus und Ausgrenzung zu bekämpfen, sind die Grünen und Teile der SPD immer noch wichtige Bündnispartner. Aber diese Parteien haben sich von Friedensparteien zu Kriegsbefürwortern gemausert. Dies haben große Teile von ihnen bei der wütenden Kritik daran, dass die Bundesregierung versuchte, sich halbwegs aus dem libyschen Kolonialkrieg herauszuhalten, demonstriert. Sie betreiben umfänglich eine Unterstützung dessen, was man mit Fug und Recht „Menschenrechts-Imperialismus“ nennt. Würde man diesen „schlucken“, dann könnte man auch noch rückwirkend den „Opiumkrieg“ der Engländer im 19. Jahrhundert zum Kampf gegen ein Regime, unter dem kompanieweise „Hofeunuchen“ hergestellt und Frauenfüße verkrüppelt wurden, umdeuten.

Dieser „Menschenrechts-Imperialismus“ ist ein wichtiger Hebel der weiteren „Entstaatlichung“ afrikanischer Länder. Es wäre fatal, wenn man diesen Parteien (Grüne und SPD), die allzu bereit sind, diese Masche zu unterstützen, das Feigenblatt nicht einmal hin und wieder lüften würde. So, wie der nordeuropäische Rassismus funktioniert, muss man wissen, er wird erst wirklich unbedeutend werden, wenn Afrika sich ein gutes Stück aus der imperialistischen und neokolonialen Umklammerung, die nun schon wieder Züge des 19. Jahrhunderts trägt, befreien kann. Und ich bin mir sicher, diese Ergänzung, die neuen Kolonialkriege in Bezug zu setzen, ist in May Ayims Sinn. Sie fand mit der Veranstaltung eine sehr würdige Ehrung!

Andreas Schlüter

Bildimpressionen

Gedenktafel May Ayim

Kwesi Aikins bei seiner klaren Rede

ManuEla Ritz würdigt Mays Leben und Werk

Eine doch eindrucksvolle Teilnahme

Erfreuliche Beteiligung

Einige Links zu Kolonialkriegen und Rassismus:

Zur Rückkehr der Kolonialkriege: https://wipokuli.wordpress.com/2011/04/15/qualende-fragen-und-unerfreuliche-antworten/

Zu Libyen: https://wipokuli.wordpress.com/2011/02/23/libyen-und-die-arabische-welt-mit-feuer-gegen-feuer/

http://uweness.eu/krieg-in-libyen.html

Zur „Festung Europa“: https://wipokuli.wordpress.com/2011/02/20/festung-europa/

Ein besonders finsteres Kapital der jüngsten Vergangenheit:

 https://wipokuli.wordpress.com/2011/02/28/wouter-basson-alias-dr-death-herz-oder-hand-der-finsternis/

Das Recht auf Empörung steht Jedem zu

Keine Frage, jeder Mensch, der unter der fraglos autoritären SED-Herrschaft gelitten hat, jeder Mensch, der durch die Mauer Angehörige verloren hat oder nach Fluchtversuchen im Gefängnis gesessen hat, hat das Recht, über die Mauer-Satire der Jungen Welt empört zu sein, wie jeder andere auch. So kann zum Glück überhaupt jeder Mensch sich in einer Demokratie empören, worüber ihr oder ihm Empörung angemessen zu sein scheint.

Auch in einer Partei wie der LINKEn besteht sicher das Recht, sich in seiner Empörung über unterschiedliche Dinge zu erregen. So waren nicht wenige empört, als der Berliner Landesvorsitzende der LINKEn, Klaus Lederer, seinen Auftritt auf einer „Solidaritätsveranstaltung“ für Israel hatte, während dessen Regierung die Bewohner Gazas mit dem grausamen „Sylvester-Scherz“ des „gegossenen Bleis“ traktierte und mit einer deutlich höheren Mauer den Landraub an Rest-Palästina vorantreibt. Dieser Empörung ist auch in offenem Brief Ausdruck verliehen worden. Allerdings kann ich mich nicht an eine Boykott-Aktion erinnern, die dazu aufgerufen hätte, ihn innerparteilich zu verfemen, nach Möglichkeit zu „vernichten“. Auch die sehr wenigen „Nostalgiker“ haben nicht zu seinem Sibirien-Aufenthalt aufgerufen.

Die Heuchler

Freudig hat die Kommerz-mediale Mainstream-Presse den satirischen Fehlgriff einer verdienten linken Zeitung aufgegriffen. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass in diesen Zeitungen, wenn es um historische Figuren wie Friedrich den Großen, Karl den Großen oder sonstige bedeutsame Kaiser und Könige oder andere wichtige Figuren der deutschen Geschichte geht, zuerst einmal darauf hingewiesen würde, was für despotische und grausame „Säcke“ sie gewesen seien, denen nicht wenige Menschen zum Opfer gefallen seien. Ähnliches trifft auf historische Figuren des europäischen oder amerikanischen Auslands zu. Auch die Rückbenennung von Leningrad in St Petersburg, eine Referenz mehr an den Gründer Peter den Großen denn an den Heiligen, wurde als Zeichen der „Befreiung“ gedeutet. Dabei hat der gute Mann, fraglos ein „Erneuerer“, locker viele Tausende armer Russen beim Bau zugrunde gehen lassen. Lesart ist immer, dass man Ereignisse und Figuren „vor dem Hintergrund der Zeit und der Umstände“ (wozu fraglos auch der Ort gehört) bewerten müsse.

Allerdings hört „der Spaß“ bei solchen Leuten auf, die wie unvollkommen auch immer auf „linker“ Grundlage operiert haben. Erst recht dann, wenn sie in den antiimperialistischen Kampf verwickelt sind oder waren. So ist Napoleon akzeptabel, Gaddafi ein „irrer Despot“. Die europäischen Monarchen, die damals gegen die vordringenden Türken kämpfen ließen, sind „Retter Europas“, Fidel Castro ist auch ein zu verfemender Despot, obwohl, genauer, weil er der den „US-Puff Kuba“ geschlossen hat. Dass auch diese Leute gegen die Raubzüge, denen ihre Länder ausgesetzt waren oder sind, kämpfen oder gekämpft haben, ist eben ihr Verbrechen. Wie sagt Noam Chomsky, „Terror ist immer das, was die anderen tun“!

Gaukler

Nun gibt es in der LINKEn Leute, die bedauerlicherweise dieses ahistorische Spiel mitmachen. Es ist selbstverständlich, dass man als Mitglied dieser Partei den Maßstab der Menschlichkeit an Alles legen darf, ja sollte. Es ist auch selbstverständlich, dass man auf keinen Fall die Vorgehensweise gegen Andersdenkende in Kuba loben kann. Es ist selbstverständlich, dass man die LINKE nicht zum Klon der KP Kubas machen will. Da hat man nun Empörung über den Geburtstagsgruß an Fidel Castro durch die beiden Vorsitzenden der LINKEn zur Schau gestellt. Aber bedeuten Grußbotschaften und diplomatische Reden von Politikern der bürgerlichen Parteien an genehme orientalische Despoten oder sonstige autoritäre pro-westliche Machthaber, dass diese Parteien unser Land in ein Spiegelbild des diplomatisch Hofierten Machtbereiches verwandeln wollen? So etwas werden sie weit von sich weisen und auch linke Kritiker unterstellen das nicht. Es geht um Interessen. Als linke Partei sind wir auch dem Antiimperialismus und dem Internationalismus verpflichtet. Wir wollen Kapitalismus und Imperialismus nicht stärken wie das die „Bürgerlichen“ wollen, oder?

Wenn aber linke Politiker sich in die neoliberale Zwangsjacke der bürgerlichen Notenvergabe für Machthaber zwängen lassen, Castro, Gaddafi u. a. „böse“, die libyschen Rebellen „Revolutionäre“, Israels Regierung steht einem „Leuchtturm“ der Demokratie vor etc., dann wollen sie sich entweder den Medien und der manipulierten Öffentlichkeit als „normale“ Partei (selbstverständlich zur Erreichung des „höheren Zieles“) präsentieren, oder sie wollen gleichzeitig ihren GenossInnen vorspiegeln, doch in Wahrheit Linke zu sein, die nur an die Schalthebel wollen, um dann endlich linke Politik zu machen. In jedem Falle sind sie dies: Gaukler!

Hinter die Fichte

Eine unnachsichtige Moral in der Betrachtung von politischen und gesellschaftlichen Vorgängen ist etwas Löbliches. Tiefe Empörung zu grausamem und brutalem Geschehen ist auch etwas Angemessenes. Allerdings kann sie positiv wirken in den Bereichen, wo man direkt oder indirekt wirksam werden kann. Wenn es um komplexe Zusammenhänge geht, muss man sehr genau schauen, dass sie einem nicht von völlig Unmoralischen aus der Hand genommen wird. Und man darf sich nicht an einem blinden Fleck zu einem gegenteiligen Ziel führen lassen.

Ein ausgezeichnetes Beispiel bilden in diesem Zusammenhang immer wieder die „Opium-Kriege“, die insbesondere die Briten in der Mitte des 19. Jahrhunderts führten. Kern des „Problems“ war das Vorgehen Chinas gegen den westlichen Opiumhandel und damit den „Freihandel“. Was würden wir von einem „Linken“ der damaligen Zeit halten, der sich mit der Tatsache, dass China ein Ort der massenweisen Herstellung von „Hofeunuchen“ und der noch zahlreicheren Verkrüppelung von Frauenfüßen war, zur Unterstützung des Krieges hätte verführen lassen, damit in „China endlich Humanität einzieht“? Wir würden zu Recht sagen: den hat man ganz schön „hinter die Fichte“ geführt!

Das wäre die frühe Erfindung des „Menschenrechts-Imperialismus“ gewesen, der natürlich nichts mit Menschenrechten zu tun gehabt hätte. Nun war der öffentliche Diskurs in Großbritannien damals noch nicht so weit, wie auch in anderen westlichen Ländern. Dieses Verfahren der imperialen Kräfte wurde erst später „nötig“. Aber hinter die Fichte führen lassen sich Menschen, deren Moral zwar hochentwickelt ist, deren Informationsstand aber damit nicht Schritt hält, leider allzu gern. Auch bei dem „Krieg gegen die Junge Welt“ geht es nicht um die geschmacklose Mauer-Satire, sondern eben darum, dass sie unter Anderem so ausgezeichnet über diesen „Menschenrechts-Imperialismus“ schreibt, und darüber, wie manche in der LINKEn sich am Nasenring zur Unterstützung führen lassen.

Andreas Schlüter